Abschlepptechnik-Spezialist AGEFA hat einen Generationswechsel eingeläutet
Michael Pilzecker ist vor vier Monaten als Geschäftsführer und Teilhaber in die Unternehmensgruppe AGEFA Technik und Vertrieb GmbH (Bereich Abschlepp-/Bergebranche), AE Group GmbH (Minisattel) und Agema Arbeitsgeräte und Maschinen GmbH aus Lippetal eingetreten, die ihre innovativen Produkte international vertreibt. Der 40-jährige Betriebswirt aus Geseke ist ausgewiesener Automobil Experte: Nach beruflichen Stationen im Automobilhandel in führenden Positionen und als Businessmanager bei einem Premium Automobilhersteller war er zuletzt selbstständiger Unternehmensberater und Geschäftsführer von MP Automotive Consulting. Die Fragen an Michael Pilzecker stellte die Lippstädter Journalistin Sabine Hense-Ferch.
Hense-Ferch: Ihre berufliche Karriere ist konsequent auf Stationen im Automobilbereich fokussiert. Warum?
Pilzecker: Mich haben Autos schon immer interessiert. Sie begleiteten mich genauso wie meine Eltern vom ersten Tag an, quasi von ersten Autofahrten in der Babyschale bis zum eigenen Führerschein. Autos haben mich immer begeistert, bestimmt bin ich deshalb in der Automobilbranche gelandet. Hier habe ich in den verschiedensten Bereichen gearbeitet – Handel und Hersteller – und konnte deshalb aus unterschiedlichen Blickwinkeln die Branche betrachten. Dabei habe ich viele interessante Menschen kennengelernt und Kontakte gewonnen, mit denen ich mich regelmäßig austausche.
Hense-Ferch: Wie beurteilen Sie die aktuellen Entwicklungen in der Automobilbranche angesichts der Corona-Krise, stagnierender Absätze und einer verschärften Klimapolitik?
Pilzecker: Die Lage ist schwierig. Die Planungen für das Jahr wurden durch Corona und die notwendigen Maßnahmen über den Haufen geworfen. Einmal mehr zeigt es sich, wie wichtig Einigkeit im Verhältnis zwischen Hersteller und Händler sein muss. Die Händler müssen viel investieren, um Kundenzufriedenheit zu gewinnen, damit sie am Ende Geld verdienen. Zudem hat der Handel in den letzten Jahren enorm viel in CI investiert, um den Vorgaben der Hersteller gerecht zu werden. Jetzt sind die Hersteller mehr denn je gefordert und müssen den Handel unterstützen und ihm zeigen, dass ihre „Ehe“ mit dem Handel zukunftsfähig ist und jeder Händler sich in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller wiederfindet. Empathie entwickelt man nicht in der Theorie. Die Hersteller sollten bedenken, dass der Handel der beste Berater ist und ihm wichtige Rückmeldung über die Marktsituation gibt.
Hense-Ferch: War die Entscheidung für die Geschäftsführung bei AGEFA Technik und Vertrieb GmbH, AE Group GmbH und Agema Arbeitsgeräte und Maschinen GmbH für Sie ein logischer Schritt auf der Karriereleiter?
Pilzecker: Es war einer von mehreren möglichen Schritten. Nach meinem freiwilligen Ausscheiden beim Automobilhersteller ergaben sich in der Zeit als Unternehmensberater viele Möglichkeiten. Ich habe mich für AGEFA entschieden, um einen anderen Teilbereich der Branche näher kennenzulernen, den der Sonderfahrzeuge. Die neue Tätigkeit ist eine große Herausforderung, aber die Branche allgemein und die Impulse, die ich dem Unternehmen geben kann, spornen mich an. Mir ist wichtig, dass ich meiner Linie treu bleibe und meine Werte einbringen kann. Gleich zu Beginn der ersten Gespräche hatte ich das Gefühl, dass das gut passt.
Hense-Ferch: Warum waren das Unternehmen und die Geschäftsführerposition für Sie so reizvoll?
Pilzecker: Abschleppen und Bergen ist eine interessante Branche. Und AGEFA ist ein innovatives Unternehmen, in dem ich viel bewirken und verändern kann. Wir sind dabei, einen Generationswechsel zu vollziehen. Es beginnt eine neue Phase, die den langfristigen Fortbestand des Unternehmens sichern wird. Die Bereitschaft aller Menschen im Unternehmen zu gewinnen, notwendige Veränderungen anzugehen, das ist die Herausforderung, die meine Tätigkeit so interessant macht. Und auch die Produkte und ihre Entwicklung sind spannend: Wir haben gute Produkte und sind über Jahrzehnte am Markt. Wir entwickeln, produzieren und verkaufen aus einer Hand. Wir arbeiten mit externen Experten der RWTH Aachen zusammen und nutzen dieses Potenzial für unsere Entwicklungen. Auch das ist hochspannend. Ich lerne jeden Tag dazu und erweitere dadurch mein Fachwissen und meinen Horizont.
Hense-Ferch: Sie sprechen einen Generationswechsel an. Was genau wird sich im Unternehmen denn ändern?
Pilzecker: Wir sind mittendrin in der Prozessänderung. Wir ändern Strukturen und Prozesse, damit wir zukunftsfähig bleiben. Wir haben Aufgaben neu verteilt, werben vermehrt für unsere Produkte. Konkret heißt das: Wir haben eine Vertriebsstrategie 2021 entwickelt. Wir haben Abläufe neu geregelt und können dank einer modernen Zeiterfassung nun genau erkennen, wie effektiv und produktiv unsere Werkstatt arbeitet. Es gibt jetzt Stellenbeschreibungen für Mitarbeiter und zeitgemäße Arbeitsverträge. Neben den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern gibt es einen technischen Betriebsleiter, es wurde ein Kundenmanagementsystem eingeführt. Insgesamt kann man sagen: Wir sind aktiv auf dem Markt unterwegs, Gespräche mit potenziellen Kooperationspartnern haben stattgefunden, wir werden unseren Zubehörverkauf aktivieren. Und: Künftig werden auch Online-Bestellungen möglich sein.
Hense-Ferch: Veränderungen sind manchmal schwierig. Ihre persönliche Bilanz nach einem halben Jahr: Wie funktioniert die Zusammenarbeit innerhalb der Geschäftsführung und mit den Mitarbeitern?
Pilzecker: Man arbeitet mit jemanden zusammen der seit 50 Jahren alleine der Chef ist und ein Lebenswerk geschaffen hat, da sind veränderungen nicht einfach und bedarf größere Überzeugungen. Trotzdem funktioniert die Zusammenarbeit bisher gut, jeder weiß, welche Rolle er zu erfüllen, welche Aufgaben er zu erledigen hat. Sicherlich gibt es auch unterschiedliche Auffassungen in einigen Bereichen, doch am Ende haben wir bisher immer eine gemeinsame Lösung gefunden. Wir stecken mitten in den Prozessveränderungen. Es tut sich viel: Wir haben eine Kooperation mit der RWTH Aachen im Bereich Entwicklung vereinbart und wollen in 12 bis 14 Monaten eine neue gemeinsame Entwicklung auf den Markt bringen. Aktuell wird ein Online Shop erstellt um das Zubehörgeschäft zu intensivieren. Wir nutzen die aktuell etwas ruhige Zeit um uns entsprechend aufzustellen und planen weitere Kooperationen mit anderen Unternehmen und Hochschulen einzugehen. Mir ist wichtig, dass die Veränderungen von allen Mitarbeitern und der Geschäftsführung getragen werden und sich jeder darin wiederfindet, dass ist nicht immer einfach.
Hense-Ferch: Wo sehen Sie sich und das Unternehmen in den nächsten zehn oder 20 Jahren?
Pilzecker: Es ist schwierig in solchen Zeitfenstern zu planen, Corona hatte keiner auf dem Schirm und es ist für die Wirtschaft eine schwere Zeit. Daher möchte ich keine Prognosen für einen so langen Zeitraum abgeben. Für uns konkret gibt es einen Drei-Jahres-Plan, der ist wichtig, um die Entwicklung zu verfolgen und entsprechend auf den Markt reagieren zu können. Dieser Plan sieht vor, dass wir europaweit wachsen. Und zwar sowohl im Absatz wie in der Qualität unserer Produkte.
Hier ist das Interview mit Michael Pilzecker ebenfalls erschienen:
Und hier finden Sie weitere Informationen zu meiner Arbeit als freien Journalistin und Interviewerin