Realität und Fiktion geschickt verwoben
Düsseldorfer Politthriller-Autor Horst Eckert zu Gast in der Gesamtschule
Wie die Geschichte endet, weiß jeder, der regelmäßig die Nachrichten verfolgt: In Eisenach wurden 2011 zwei Männerleichen in einem ausgebrannten Wohnmobil gefunden. Später stellt sich heraus: Die Toten waren Teil des rechtsextremistischen Terror-Trios der NSU, das Deutschland jahrelang unerkannt in Angst und Schrecken versetzt hatte. Im vergangenen Juli wird die Hauptangeklagte der NSU-Morde, Beate Zschäpe, wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Soweit die Realität. Was dem Ganzen aber voraus geht, welche offenen Fragen, Rätsel und möglichen Vertuschungsversuche die ganze Geschichte aufwirft und wie man Lücken und scheinbare Widersprüche erklären könnte, damit hat sich der Thrillerautor und frühere Fernsehjournalist Horst Eckert beschäftigt. In seinem Roman „Wolfsspinne“ hat er sich – eng angelehnt an die „echten“ Fakten der Geschichte – eine spannende Story ausgedacht, die um einen Informanten beim Verfassungsschutz kreist, der Angst hat, aus dieser Rolle nicht mehr herauszukommen. Aus „Wolfsspinne“ las Eckert jetzt vor der Jahrgangsstufe 12 der Gesamtschule – und war schon zum zweiten Mal zu Gast im „Forum“ der Schule.
Der Förderverein der Schule hat diese Lesung in Verbindung mit der NRW-Kulturförderinitiative „Werkproben“ möglich gemacht – und das ist inzwischen schon alljährliche Tradition. Regelmäßig organisiert der Verein Autorenlesungen für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 – und neuerdings auch der Jahrgangsstufe 12. Eckert, dessen Bücher in mehrere Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen geehrt worden sind, las nicht nur aus dem spannenden Thriller, sondern gab den Oberstufenschülern auch tiefe Einblicke in die Fakten rund um die NSU – und um ihre nach wie vor ungelösten Rätsel: Warum wurden Akten geschreddert? Wer erschoss die beiden Uwes und setzte das Wohnmobil in Brand?
Was im wirklichen Leben nie wirklich aufgeklärt wurde, das hat Horst Eckert in seinem Roman elegant gelöst – und gab den 65 jungen Zuhörern eine spannende Kostprobe davon. „Als damals die ersten Hintergründe der Taten bekannt wurden – dass da in Deutschland Migranten aus Ausländerhass getötet worden waren – da wusste ich: Das ist so ungeheuerlich, da muss ich drüber schreiben“, verriet Eckert. „Ich habe von Anfang an Zweifel an einem möglichen Selbstmord der beiden Männer gehabt. Da passen viele Fakten einfach nicht. Wer sich selbst erschießt, kann nicht anschließend noch das Wohnmobil in Brand gesetzt haben, ohne selbst Rauch einzuatmen“, so der Autor, der auf die Ungereimtheiten aufmerksam machte, vor einem Machtmissbrauch der Geheimdienste warnte und ein Plädoyer für Demokratie und Pressefreiheit hielt: „Ich habe mich bei der Recherche allein aus der Presse und aus Sachbüchern – also aus öffentlich zugänglichen Quellen – bedient. Daran sieht man, wie wichtig die Presse für eine Demokratie ist.“
Eckert las vor den Oberstufenschülern der Gesamtschule einige prägnante Kapitel aus dem Buch – ohne zuviel darüber zu verraten, wie die spannende Geschichte schließlich endet. Nach der Lesung stellte sich der 59-jährige Autor aus Düsseldorf Schülerfragen zum Prozess des Bücherschreibens, zur Recherche, zur Komposition von Handlungssträngen und zu den Ideen und Themen seiner anderen Romane.
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